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Couch oder Kinosessel?

Es ist Samstagabend und ich bin mit Freunden im Kino verabredet. Seit Monaten freuen wir uns auf den neuen Film mit Ryan Gosling und Jennifer Lawrence. Die Schlange an der Kinokasse ist wie an jedem Wochenende lang und ich bin froh, dass wir unsere Karten bereits online gekauft haben und nicht anstehen müssen. Popcorn ist allerdings ein MUSS und so kommen wir doch nicht um’s Anstellen drum rum. Hoffentlich verpassen wir nicht die Vorschau. Ich liebe es die neusten Trailer zu sehen und dabei bereits den nächsten Kinoabend zu planen …

20 Minuten später haben wir endlich unsere Snacks und machen uns auf den Weg zu Saal 5. Glück gehabt – die Vorschau hat noch nicht angefangen. Ich mache es mir auf meinem Sitz bequem und nasche von meinem Popcorn. So wie ich mich kenne ist es wahrscheinlich schon leer bevor der Film überhaupt angefangen hat. Wir überlegen nach dem Film noch Cocktails trinken zu gehen. Der Raum wird dunkel, die Gespräche verstummen und die Vorschau beginnt …



Genau so sah ein Kinoabend vor 2020 aus, aber die Corona-Krise hat auch die Kino- und Filmindustrie schwer getroffen. Eine Zeit lang waren Kinos geschlossen und Filmpremieren wurden nach hinten verschoben. Anfang Oktober wurde jetzt bekanntgegeben, dass der Filmstart des neuen James Bond, der bereits zu Beginn der Krise auf November verschoben wurde, abermals auf April 2021 verlegt wird. Aber auch viele andere Filme, auf die Kinobetreiber gehofft hatten, werden verschoben, was in erster Linie der Angst vor Geldeinbußen durch den Mangel an Zuschauern zu verdanken ist. Mittlerweile haben die meisten Lichtspielhäuser mit Einschränkungen wieder geöffnet, einige Kinos hat die coronabedingte Schließung allerdings bereits in den wirtschaftlichen Ruin getrieben. Als Alternative eröffneten in vielen Städten Autokinos. Einige Filme wurden während der Schließung auch über Streaming-Portale wie beispielsweise Netflix veröffentlicht. Stirbt das Kino, so wie wir es kennen, etwa aus?

Kino auf der eigenen Couch

Netflix zählt zu den Gewinnern der Corona-Pandemie. Mehr als 28 Millionen neue Abonnenten gewann die Streaming-Plattform seit Ende 2019 dazu. Im März diesen Jahres war die Nachfrage sogar so groß, das die Plattform ihre Streaming-Qualität minderte, um einer Überlastung des Internets durch den erhöhten Traffic entgegenzuwirken.

In Deutschland gibt es Netflix seit 2014. Neben Amazon Prime Video zählt der Streaming-Dienst zu den erfolgreichsten Plattformen. Etwa 25% der Bevölkerung in Deutschland nutzt Video-Streaming. Netflix ist mit 37% der meistgenutzte Streaming-Dienst in Deutschland.

Die Nutzer schauen nicht nur über den heimischen Fernseher. Auch auf dem Smartphone kann Video on Demand verwendet werden. Das geht bei Netflix beispielsweise sogar ohne mobiles Internet, denn die Plattform ermöglicht die Offline-Nutzung. Das geht ganz einfach per Download in der App. So kannst du die neuste Folge deiner Lieblingsserie anschauen ohne auf ein gutes Netz angewiesen zu sein.

Vom reinen Anbieter zum Produzent

Netflix ist mittlerweile nicht mehr nur eine reine Plattform, die Filme und Serien anderer Produktionsfirmen bereitstellt sondern produziert auch ziemlich erfolgreich selbst. So zählen zum Beispiel Serien wie „Haus des Geldes“ oder „Orange is the new Black“ zu bekannten Produktionen aus dem Hause Netflix.

2017 gewann zum ersten Mal ein für Netflix produzierter Film einen Oscar. „The White Helmets“ erhielt den Preis für den besten Dokumentar-Kurzfilm. Auch in den Jahren danach gab es zahlreiche Nominierungen für Netflix-Produktionen. 2019 waren es 15 Stück, in diesem Jahr sogar 24, wobei 10 dieser Nominierungen auf den Film „The Irishman“ mit Robert De Niro und Al Pacino zurückzuführen sind. Die Oscar-Nominierungen führten auch dazu, dass Netflix als erster Streaming-Dienst in den Mitgliedsreigen der Motion Picture Association of America aufgenommen wurde. Zu den Mitgliedern zählen sonst nur Produktionsfirmen wie Disney, Sony Pictures Entertainment, Universal Studios oder Warner Bros. Entertainment. Der Verband begründet die Aufnahme von Netflix wie folgt: „Netflix hinzuzufügen wird es uns erlauben, die globale Gemeinschaft der kreativen Geschichtenerzähler noch effektiver zu vertreten.“

Kinofilme auf Netflix

Regulär laufen Filme erst im Kino und sind erst einige Wochen später zum Streamen verfügbar. Corona nötigt die Produktionsfirmen dazu vereinzelt andere Distributionskanäle zu nutzen. Einige Filme hatten ihre Premiere in diesem Jahr nicht wie gewohnt im Kino sondern konnten gegen eine Leihgebühr auf Streaming-Plattformen angeschaut werden. Vergleicht man die Durchschnittspreise der Kinotickets lohnt sich die Leihe bereits ab zwei Personen. Die Gebühren liegen zwischen 15 und 20 Euro. Das klingt im ersten Moment natürlich viel, aber je mehr Menschen auf der eigenen Couch Platz finden, desto günstiger wird der Kinospaß zu Hause. Für den perfekten Filmabend müssen dann nur noch die passenden Snacks vorbereitet werden. Um dem Kinoerlebnis zu nah wie möglich zu kommen kann auch eine eigene Vorschau kreiert werden, die passenden Trailer sucht man sich dazu einfach auf YouTube heraus.

Sind Streaming-Plattformen jetzt das Aus für’s Kino?

Eins ist sicher – ein Kino funktioniert nur mit Publikum und neuen Filmen. Aber mit dem Publikumsansturm und den Filmneuheiten sieht es dank Corona aktuell mau aus. Bedeutet das jetzt das Aus für’s Kino?

Wohl eher nicht, denn der Kinobesuch bietet eine wichtige Eigenschaft, die Streaming-Plattformen nicht im gleichen Umfang bedienen können: Das Gemeinschaftserlebnis! Während Netflix und Co oft auch zur Alleinunterhaltung genutzt werden, gehen die wenigsten Menschen allein ins Kino. Neben dem Interesse am Film selbst ist ein wichtiger Besuchsgrund auch die Möglichkeit sich mit Freunden zu verabreden und einen guten Abend zu verbringen. Das Kino bietet eine besondere Form der Anziehungskraft. Man entscheidet sich bewusst dafür einen Film auf großer Leinwand, außerhalb der eigenen vier Wände anzuschauen.
Trotzdem muss sich die Kinoindustrie neuen Herausforderungen stellen. Nicht nur im Bezug auf Corona sondern auch im Hinblick auf die Digitalisierung. Der Kinobesuch muss auch in Zukunft ein Erlebnis bleiben. Es muss sich lohnen die eigene Couch links liegen zu lassen. Und das passiert nur, wenn wir das Gefühl haben, dass uns Kino einen Mehrwert bietet. In welcher Form auch immer.

Es gibt nichts besseres als in’s Kino zu gehen, dabei eine andere Welt zu betreten und alles zu vergessen, was draußen passiert.


Wie schätzt du die Entwicklung der Kinoindustrie ein? Glaubst du das sie die Corona-Krise überleben wird? ?